Kooperation

Jagd und Outdoorbranche – eine gemeinsame Verantwortung für die Natur

Lesezeit: 10 Minuten

Auf der IWA 2025 habe ich zusammen mit dem Outdoor-Experten, Koch und Buchautor, Markus Sämmer, die Chancen und Risiken der Jagddarstellung in der Öffentlichkeit, insbesondere in sozialen Netzwerken, sowie deren Auswirkungen auf die Outdoor-Branche analysiert. Im Fokus stand die Wahrnehmung von Trophäenbildern durch junge Nichtjäger und ihr Einfluss auf das gesellschaftliche Bild der Jagd. Anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse und praxisnaher Beispiele haben wir gezeigt, wie eine authentische und strategisch durchdachte Öffentlichkeitsarbeit gelingen kann – eine, die Jagd- und Outdoorbranche enger vernetzt und ihre gemeinsame Verantwortung für den Schutz der Natur, der Wildtiere und ihrer Lebensräume betont.

Jagd und Outdoorbranche haben vieles gemeinsam. Beide sind auf eine intakte Natur angewiesen und teilen das Interesse an nachhaltiger Naturnutzung – Dennoch werden sie getrennt wahrgenommen. Dabei liegt in der Zusammenarbeit enormes Potenzial. Erst wenn alle Nutzergruppen – Jäger, Outdoor-Sportler, Umwelt-, Naturschutz- und Tourismusverbände – koordiniert handeln, kann ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Naturnutzung und Naturschutz entstehen. Denn: Alle, die die Natur in irgendeiner Form nutzen, nehmen bewusst oder unbewusst Einfluss auf die Wildtiere und ihre Lebensräume!

Soziale Medien als Chance und Herausforderung für die Jagdkommunikation

IWA Shooting Experts‘ Stage – 28. Februar 2025

Die Etablierung der sozialen Netzwerke hat die Kommunikation über die Jagd grundlegend verändert. Sie hat die Jagd transparenter und zugänglicher gemacht, spielt aber zugleich eine Schlüsselrolle in gesellschaftspolitischen Meinungsbildungsprozessen. Besonders für die junge Generation sind soziale Medien heute das wichtigste Medium zur Bildung von Einstellungen und Meinungen.

Digitale Anwendungen und soziale Medien eröffnen Chancen für mehr Transparenz, tragen aber auch dazu bei, dass Konflikte zwischen verschiedenen Nutzergruppen sichtbarer werden. Umso wichtiger sind gemeinsame Ansätze für eine strategische Kommunikationsstrategie und Öffentlichkeitsarbeit, die nicht auf Abgrenzung, sondern auf Kooperation setzen und sich an gesellschaftlichen Werten orientieren.

Damit wir potenzielle Kooperationspartner nicht abschrecken, braucht die Jägerschaft mehr Bewusstsein im Umgang mit sensiblen Inhalten in sozialen Medien. Insbesondere Erlegerbilder oder auch die explizite Darstellung von Waffen können eine Hemmschwelle sein. Eine von mir und dem Mafo-Institut Bilendi & Respondi durchgeführte Studie aus dem Jahr 2024 zeigt, dass Erlegerbilder in sozialen Netzwerken von der Generation Z systematisch negativ wahrgenommen werden:

📌 96–99 % der affektiven Reaktionen auf Erlegerbilder sind negativ.
📌 73 % der Befragten wünschen sich, dass solche Bilder mit einem Warnhinweis versehen werden.
📌 69 % möchten keine Erlegerbilder in sozialen Medien sehen.
📌 67 % haben Mitleid mit den abgebildeten Tieren.
📌 57 % der Befragten sind der Meinung, dass Erlegerbilder das gesellschaftliche Bild der Jagd negativ beeinflussen.

Die starke Ablehnung resultiert aus grundlegenden gesellschaftlichen Wertvorstellungen und emotionalen Reaktionen auf das Töten von Tieren. Solche Bilder tragen zur Polarisierung der Debatte bei, anstatt den öffentlichen und sachlichen Dialog zu fördern und wirken auf potenzielle Kooperationspartner abschreckend. Zudem verstärkt ein einseitiger Fokus sowie eine fehlende Aufklärung über die Jagd Missverständnisse: Viele Menschen verstehen nicht, warum Jagd notwendig ist und welchen Beitrag sie zum Natur- und Artenschutz leistet.

Kooperation als Schlüssel: Unsere gemeinsame Verantwortung für Wildtiere

Bild: Markus Sämmer

Naturnutzung bedeutet Verantwortung! Die Jagd ist eingebettet in ein hochreguliertes, von wirtschaftlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Interessen geprägtes System und Wildtiere leben in einem stark fragmentierten und frequentierten Raum. Der Druck auf Wildlebensräume durch Freizeitaktivitäten wird dabei immer größer. Die Outdoor- und Jagdbranche müssen sich ihrer gemeinsamen Verantwortung bewusst sein, negative Auswirkungen zu minimieren, Schäden zu kompensieren und eine Balance zwischen Schutz und Nutzung herzustellen. Anstatt die Jagd isoliert zu präsentieren, kann eine Zusammenarbeit mit der Outdoorbranche zu mehr Akzeptanz und Verständnis beitragen. Dabei muss der Fokus auf gemeinsamen Werten und Zielen, anstatt auf Partikularinteressen liegen. Naturnutzung verlangt verantwortungsvolles Handeln auf einer gemeinschaftlichen Bewusstseinsebene!

Digitale Anwendungen müssen Wildtiere mitdenken!

Freizeitdruck auf Wildtiere kann zu Stresssituationen und Lebensraumverlust führen (Bild: Jan Winkler, Instagram: @hunting_photographer_germany)

Eine engere Zusammenarbeit zwischen Jagd und Outdoorbranche könnte dazu beitragen, Wildlebensräume besser zu schützen und gleichzeitig die Natur für alle Nutzergruppen zugänglich zu halten.

Eine Möglichkeit besteht darin, digitale Technologien gezielt für Naturschutz und Umweltbildung zu anzuwenden. Interaktive Karten, digitale Informationssysteme und Echtzeit-Warnungen könnten helfen, Wildtierhabitate zu schützen und das Bewusstsein von Naturnutzern für den Schutz sensibler Gebiete zu stärken.

Apps als Teil einer digitalen Lösung sollten nicht nur das Routennetz ausweisen, sondern auf eine nachhaltige Besucherlenkung ausgerichtet sein und Umweltbildung integrieren:

✔ Kennzeichnung von Wildschutzgebieten und Ruhezonen: Damit Outdoor-Nutzer wissen, welche Bereiche besonders schützenswert sind.
✔ Saisonale Hinweise zu Brut-, Setz- und Winterruhezonen: Viele Menschen wissen nicht, dass Wildtiere in bestimmten Jahreszeiten besonders empfindlich auf Störungen reagieren.
✔ Verantwortungsbewusstes Routing: Outdoor-Apps sollten nicht nur den kürzesten oder spektakulärsten Weg anzeigen, sondern auch Alternativen bieten, die Rücksicht auf Wildtierhabitate nehmen.
✔ Aufklärung über das Verhalten von Wildtieren: Viele Konflikte entstehen durch Unwissenheit. Eine gut gestaltete digitale Plattform könnte einfach erklären, warum Hunde in bestimmten Gebieten an die Leine gehören oder warum Wildtiere im Winter nicht gestört werden dürfen.

Diese digitalen Lösungen ersetzen weder den persönlichen Dialog noch die direkte Zusammenarbeit, aber sie leisten einen wertvollen Beitrag zur Sensibilisierung für eine nachhaltige Naturnutzung. Doch eines liegt mir besonders am Herzen: Selbstbeschränkung muss selbstverständlich sein! Nur weil uns moderne Technik ermöglicht, die Nacht zum Tag zu machen oder per GPS ins abgelegenste Tal zu gelangen, heißt das noch lange nicht, dass wir es auch tun sollten. 

Naturnutzung ja – aber nicht überall und nicht zu jeder Zeit!

Handlungsempfehlungen: Wie Jagd- und Outdoorbranche gemeinsam mehr erreichen können

Bild: Markus Sämmer

Für eine erfolgreiche Kooperation zwischen Jagd und Outdoorbranche sind folgende Schritte essenziell:

📌 Gemeinsame Kampagnen starten, die nachhaltige Naturnutzung als gesamtgesellschaftliche Verantwortung vermitteln.
📌 Netzwerke zwischen Jägern, Outdoor-Sportlern, Erholungssuchenden, Umwelt- und Tourismusverbänden schaffen, um den Austausch zu fördern.
📌 Bildung und Aufklärung verstärken – nicht nur in der Jagd-Community, sondern auch in der Outdoorbranche.
📌 Digitale Tools sinnvoll einsetzen, um Wissen über Wildtiere, Naturschutz und Wildtiermanagement besser zu kommunizieren.
📌 Best-Practice-Beispiele entwickeln, um zu zeigen, dass eine nachhaltige Koexistenz möglich ist.

Kooperation statt Konfrontation!

Die Outdoor- und Jagdbranche sind natürliche Partner und bewegen sich im gleichen wirtschaftlichen und ethischen Ökosystem. Beide haben eine Verantwortung gegenüber der Natur, beide sind darauf angewiesen, dass Naturschutz nicht nur ein Lippenbekenntnis bleibt, sondern aktiv gelebt wird.

Bild: Markus Sämmer

Die Zukunft liegt nicht in der Abgrenzung, sondern in der Zusammenarbeit. Eine strategische Kommunikation, die nicht nur die Jagd, sondern die gesamte nachhaltige Naturnutzung in den Mittelpunkt stellt, kann dazu beitragen, Vorurteile abzubauen und ein gemeinsames Bewusstsein für Verantwortung zu schaffen.

Die Welt wird immer abstrakter und die Menschen suchen vermehrt den Kontakt zur Natur. Um Nutzungskonflikten konstruktiv zu begegnen, sollten die Jagd- und Outdoorbranche den Schulterschluss suchen und eine klare Definition gemeinsamer Werte und Ziele formulieren. Ziel muss es sein, die Balance zwischen Innovation bzw. Fortschritt und Naturschutz zu wahren!

Letztlich geht es nicht um „Jäger gegen Wanderer“ oder „Outdoorbranche gegen Jagd“, sondern um eine kooperative Zukunft, in der Mensch, Natur und Wildtiere in einem nachhaltigen Gleichgewicht koexistieren können.

Interview mit Jäger und Outdoor-Experte Markus Sämmer

Markus Sämmer, The Great Outdoors

Jäger, Buchautor und Outdoor-Experte Markus Sämmer gewährte mir im Interview Einblicke in seine vielfältigen Projekte und Erfahrungen, die er als Kooperationspartner unterschiedlicher Outdoormarken über die Jahre gesammelt hat.

„Wir sollten nie vergessen: egal ob Jäger oder Outdoor-Sportler, wir alle nutzen den Naturraum und sind dort nur zu Gast.“

Markus, du hast als Outdoor-Experte viel Erfahrung in der Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteuren in der Naturbranche. Was sind deiner Meinung nach die größten gemeinsamen Werte und Ziele, die Jagd- und Outdoorbranche vereinen?

„Ich denke der Faktor Sehnsucht transportiert die Werte beider Branchen sehr gut in der Bildsprache. Die Natur intensiv zu erleben, sie zu verstehen und bewahren sollte unser gemeinsamer Leitfaden sein. Heute geht es ja im Marketing nicht mehr rein um ein bestimmtes Produkt, sondern um die gesamte Story und ein Gesamterlebnis.“

Wie kann sich die Jagd-Community authentisch nach außen präsentieren, ohne in Klischees oder Polarisierung zu geraten? Welche Rolle spielt Storytelling dabei?

„Infotainment ist ein wichtiges Tool um das große Fachwissen der Jägerschaft unterhaltsam und faktenbasiert weiterzugeben. Die Kulinarik sowie sachlich fundierte, informative Beiträge rund um unser gesamtes Schaffen im und ums Revier sollen neugierig machen und auch Laien besser informieren.„

Du setzt in deinen Projekten stark auf Nachhaltigkeit und verantwortungsbewusste Nutzung der Natur. Wie könnte ein glaubwürdiges Green Marketing für die Jagd aussehen, das in der Outdoor-Community Akzeptanz findet?

„Heimisches Wildbret ist zwar das nachhaltigste Fleisch am Markt, jedoch kann die Jagd viel mehr leisten als nur die reine Nahrungsbeschaffung. Nachhaltige Jagd bedeutet vor allem auch Schutz und Bewahrung der Fauna und Flora, das heißt z.B. auch angepasste und vor allem tragbare Wildbestände zu schaffen. Die ethischen Werte der Jägerschaft und ein Wissentransfer in Richtung Outdoor Community lassen neue Synergie-Effekte entstehen und fördern ein besseres Verständnis und Miteinander. Wir sollten nie vergessen: egal ob Jäger oder Outdoor-Sportler, wir alle nutzen den Naturraum und sind dort nur zu Gast.“

Welche konkreten Maßnahmen oder Projekte könntest du dir vorstellen, um Jagd und Outdoor stärker zu vernetzen? Was wären erste Schritte für eine erfolgreiche Kooperation?

„Eine gemeinsame Aktivierung der Outdooor-Community, z.B über Outdoor Kochworkshops mit Wildbret, Kinder- und Jugendarbeit und gemeinsame Artenschutz-Projekte. Die Jagdbranche sollte als Vorreiter Hände reichen und Ideen präsentieren, um die Berührungsängste der Outdoorbranche abzubauen.“

Wie können Outdoor- und Jagdbranche gemeinsam dazu beitragen, dass die Natur verantwortungsvoll genutzt wird – insbesondere in Zeiten steigender Freizeitnutzung und zunehmender Nutzungskonflikte?

„Durch die gemeinsame Sensibilisierung im Hinblick auf die Nutzung des Naturraumes (am Beispiel der Verbände DAV und BJV bei der Besucher-Lenkung der Skitourengeher im Gams- und Raufußhuhn Lebensräumen). Nicht nur die Verbände müssen hier einen Beitrag leisten, sondern auch die Industrie. Die Outdoor Branche sollte deshalb einen verantwortungsvollen Umgang mit unserem Naturraum fördern. Ein freiwilliger Verzicht durch gute Information und Aufklärung ist besser als pure Verbote und Fingerzeige (z.B. während den sensiblen Dämmerungszeiten, Meidung der Wintereinstände, Publikums-Lenkung etc.).“

Wie gestaltest du die Darstellung der Jagd in Bezug auf sensible Inhalte wie Erlegerbilder und Waffen? Welche Erfahrungen hast du gemacht, insbesondere im Hinblick auf die Wahrnehmung in der Outdoor-Community? Und wie reagieren die Algorithmen darauf?

„Ich schlage die konsequente Vermeidung von klassischen Erlegerbildern in Darstellung der Jagd außerhalb unserer Bubble vor. Wenn überhaupt, sollten wir nur kleine Details oder Ausschnitte zeigen, um die Stimmung und Situation wiederzugeben. Die klassische Motiv-Gestaltung mit erlegtem Wild, Waffe und Erleger erinnert Nichtjäger oft an die Bilder der herrschaftlichen und kolonialen Großwildjagd,  polarisiert stark und reduziert die Jagd nur auf diesen kleinen Teil des großen Ganzen. Zum Thema Darstellung von Jagd-Waffen: leider gibt es inzwischen eine Zensur im Algorithmus von Instagram, es wird leider schwieriger, diese ohne Sanktionen zu zeigen. Eine klassische Jagdwaffe polarisiert bei Nichtjägern weniger als ein AR (Anmerkung: halbautomatische Waffe) – richtig in Szene gesetzt gibt es insgesamt jedoch mehr Akzeptanz bei der Community als bei den Erlegerbildern.“

Links zu Markus Sämmer

Webseite: The Great Outdoors
Instagram: @thegreatoutdoorsbook, @emmyventures

Key Takeaways Vortrag Christine Fischer und Markus Sämmer – IWA 2025

Beitragsfoto: Markus Sämmer

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