Interview

„Lasst uns über die Jagd sprechen!“

Lesezeit: 3 Minuten

Mit dem Gwandhaus Magazin von Gössl habe ich mich kürzlich über den gesellschaftlichen Stellenwert der Jagd und ihre persönliche Bedeutung für mich gesprochen. Hier das ganze Interview zum Nachlesen.

T E X T // RICKI WEISS BAT CHRISTINE FISCHER ZUM GESPRÄCH.

Jagd – etwas, was dich seit Kindheit begleitet oder etwas, das Du neu für dich entdeckt hast?

CF | Ich bin über meinen Mann zur Jagd gekommen. Bis dahin hatte ich keine Berührungspunkte damit und auch kein Wissen über die Jagd. Ich war im Tierschutz engagiert und fälschlicherweise der Meinung: Wer Tiere liebt, der kann nicht jagen. Dann habe ich gesehen, wie man auf der Jagd aktiven Tier-, Arten- und Naturschutz betreiben kann. Und das wollte ich auch!

Was ist allgemein die Faszination bei der Jagd?

CF | Die Jagd hat viel mit einer inneren Haltung und Wertorientierung der Natur und den Wildtieren gegenüber zu tun. Diesen ethischen Fokus kann ich dabei leben und in die Praxis umsetzen. Das bedeutet für mich ein hohes Maß an Authentizität. Außerdem berührt die Jagd auch auf einer tiefen emotionalen Ebene. Die Verbindung zur Natur, das intensive Erleben von Ruhe, aber auch Spannung und das respektvolle Miteinander mit den Wildtieren erzeugen eine besondere Faszination.

Welche Aspekte bewegen dich besonders?

CF | Mich bewegt der zentrale Aspekt der Nachhaltigkeit und die damit verbundenen Fragen: Was hinterlassen wir in welcher Qualität und Verfügbarkeit den nachkommenden Generationen? Was ist es uns wert, dass auch unsere Nachkommen noch Wildtiere in intakten Lebensräumen erleben können? Die Bedürfnisse der Wildtiere drohen im Spannungsfeld der Ansprüche unterschiedlicher Naturnutzenden wie Land- und Forstwirtschaft, Tourismus, Freizeitindustrie, Verkehrsplanung, Naturschutz und Jagd zerrieben zu werden. Das Anliegen, ihnen eine Stimme zu geben und die Erkenntnis, auf wie wenig Gehör sie stößt, stimmt mich nachdenklich.

Du schreibst im Intro deines Insta-Auftritts Hirsch&CO „Lasst uns über die Jagd sprechen“. Worüber sollen wir sprechen?

CF | Für mich ist Instagram ein Instrument, um meine Botschaften zu vermitteln und um mich zu vernetzen. Es geht mir um Inhalte und nicht um Kommerzialisierung. Würde ich die 3 Bs ins Zentrum stellen, nämlich Brüste, Büchse und Beute, hätte ich wohl ein Vielfaches an Followern. Wichtig ist mir, in einen ehrlichen Austausch darüber zu gehen, was uns die Wildtiere, die Biodiversität, der Natur- und Artenschutz wert sind. Es benötigt einen sachlichen, ideologiefreien, interdisziplinären Dialog über den Beitrag der Jagd für Gesellschaft und Natur, der nicht in Feindbildern denkt. Und wir benötigen mehr Aufklärung und Sensibilisierung für den Einfluss, den jeder einzelne von uns durch eine immer intensiver werdende Nutzung unserer Kulturlandschaft auf die Wild-Umwelt-Situation ausübt.

Wie viel weiß man eigentlich über das Weidwerk – und warum ist Awareness auch in einer breiten Öffentlichkeit so wichtig?

CF | Leider wisse die Menschen viel zu wenig über die Jagd. Unwissenheit und auch Desinformation sind weit verbreitet. Außerdem halten sich realitätsferne, stereotype Klischees hartnäckig. Es braucht eine massive Bildungsoffensive zum Thema Wild-Umwelt-Mensch Problematik, die bereits in der Grundschule ansetzt. Die Welt wird durch die Technologisierung immer abstrakter, die Urbanisierung schreitet voran und die Naturentfremdung nimmt zu. Das macht es immer schwieriger für uns Jägerinnen und Jäger, für unsere Botschaften und Inhalte Interesse zu wecken. Im Bereich der Wissensvermittlung besteht großer Handlungsbedarf, denn nur wenn ich den Wert von etwas erkenne, bin ich auch bereit, es zu schützen.

Wie reagiert die Jägerschaft auf deinen Input und deinen durchaus auch kritischen Blick?

CF | Sehr positiv. Da ich in einer unabhängigen Position bin, weiß die Jägerschaft, dass ich das sage, was notwendig ist und nicht das, was gerne gehört wird. In dieser Hinsicht kann ich mir sehr viel Authentizität erlauben und konsequent zu Gunsten unserer Passion, der Jagd, agieren. Ich sehe mich als Netzwerkerin und Vermittlerin, die sich bemüht, allen Akteuren mit gleichem Respekt und gleicher Offenheit zu begegnen, Angebote für einen Dialog zu schaffen und Ressourcen zu bündeln.

Welche Botschaften möchtest du Menschen wissen lassen?

CF | Die heutige Jagd steht an einem Scheideweg. Es gibt Interessengruppen, die die Jägerschaft in die Rolle eines Schädlingsbekämpfers drängen wollen. Wenn wir dem nachgeben, dann verlieren wir die wertbasierte, tierethische Jagd, die sich für das Wohlergehen des Wildes und den Erhalt seiner Lebensräume einsetzt. Um dem zu begegnen, müssen wir unser Wissen und unsere Kompetenzen weiter ausbauen. Ich wünsche mir mehr öffentliches Bewusstsein für den zunehmenden Druck, der durch die immer intensiver werdende Nutzung unserer Kulturlandschaft und die zunehmende Begrenzung und Zerschneidung der zur Verfügung stehenden Flächen auf den Wildtieren lastet. Und wenn wir diese Botschaften vermitteln wollen, dann benötigen wir eine professionelle, zielgerichtete Kommunikation, die auf analoger und digitaler Ebene stattfindet und den Menschen erklärt, welchen wertvollen gesellschaftlichen Beitrag die Jagd leistet. Nur durch Aufklärung kann sie sich tief im (Umwelt-) Bewusstsein der Menschen als unverzichtbarer Teil des Natur- und Artenschutzes verankern.

Welche Rolle spielt Gwand für dich als Jägerin?

CF | Eine wichtige. Auf der Jagd spielen die Funktionalität, die Qualität und die Langlebigkeit des Gwands eine besondere Rolle und für mich auch die Ästhetik. Ich investiere gerne in hochwertige Stücke, die vielleicht etwas teurer sind, an denen ich aber jahrelang Freude habe und die ich später meiner Tochter weitergeben kann. Da ich auch beruflich im Auftrag der Jagd unterwegs bin und oft auf der Bühne stehe, ist das Thema Bekleidung eines, mit dem ich mich bewusst befasse.

Du sprichst dich beispielsweise gegen die sogenannten „Erlegerbilder“ aus. Warum? Welche Sensibilisierung ist aus deiner Sicht nötig?

CF | Die Jagd in sozialen Medien ist eines meiner Herzensthemen. Erlegerbilder werden sehr emotional und kontrovers diskutiert und die Meinungen hierzu gehen weit auseinander. Meine Erfahrung ist, dass Menschen, die keine Berührungspunkte mit der Jagd haben, nichts Positives mit solchen Fotos assoziieren. Anstatt Neugierde zu wecken, mehr über das Weidwerk zu erfahren, stoßen wir die Menschen dadurch ab. Innerhalb der Jägerschaft benötigen wir deshalb mehr Bewusstsein für einen sensiblen Umgang mit solchen Inhalten und eine differenzierte Herangehensweise.

Du hast das Gössl Couture Dirndl No #4 in Wien präsentiert. Dein Feedback?

Präsentation des Gössl Couture Dirndl #4 in Wien – Mit Maximilian Gössl

CF | Dieses Dirndl ist nicht nur eine Hommage an die Schneiderkunst, sondern auch an die heimische Jagd und repräsentiert die Werte des Weidwerks auf besonders schöne Weise. Es spiegelt viele Aspekte der Passion wider, für die ich täglich eintrete – sei es die Nachhaltigkeit, die Farben der Natur, die Qualität des Handwerks oder das Zeitlose und Beständige. Mit diesem Dirndl war es Liebe auf den ersten Blick und ich fühle mich geehrt, dass ich es in Wien präsentieren durfte.

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