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Unser Schalenwild kämpft um sein (Über-)Lebens- und Existenzrecht! Die anstehende Novellierung des Bundesjagdgesetzes sowie die Waldstrategie 2050 setzen Wild und Jägerschaft unter Druck. Überhöhte Wilddichten werden als alleinige Ursache für waldbauliche Misserfolge verantwortlich gemacht. Die Angst der Menschen vor dem Klimawandel wird instrumentalisiert und dazu genutzt, Wildbestände drastisch zu reduzieren oder gar ganz auszumerzen. Hirsch, Reh und Gams müssen als Sündenböcke für forstwirtschaftliche Fehlentscheidungen der letzten Jahrzehnte herhalten. Folglich sieht die Waldstrategie 2050 den Abschuss von Wildtieren als bevorzugtes Mittel für den forstlichen Umbau zu klimaresistenten Wäldern vor.
Wir Jägerinnen und Jäger werden dabei mehr und mehr zu Handlangern einer profitorientieren Lobby degradiert.
Es ist höchste Zeit, uns die besondere Verantwortung, die wir gegenüber unseren Wildtieren tragen, wieder stärker bewusst zu machen.
Wildtiere stehen unter Druck und werden zu Schädlingen degradiert
Unser wiederkäuendes Schalenwild wird als Konkurrent in einem auf Profit ausgerichteten Wirtschaftswald gesehen. Aber: der Wald darf keine Verfügungsmasse einer einzelnen profitorientierten Nutzergruppe sein. Er muss mit seiner Schutz- und Erholungsfunktion auch dem Gemeinwohl dienen. Zentral dabei ist der Erhalt und die Förderung der Biodiversität – und dazu gehören selbstverständlich auch unsere Wildtiere wie beispielsweise die charismatischen Hirsche. Die aktuelle Situation für diese Paarhufer ist allerdings alles andere als rosig. Sie leben zurückgedrängt in unseren Wäldern, kaum noch sichtbar und wahrnehmbar für die Menschen. Dabei beschränkt sich der Lebensraum von Rot- und Rehwild nicht nur auf den Wald. Es sind ursprünglich Tierarten der offenen und halboffenen Landschaft, die auch Felder und Wiesen nutzen. Am schlimmsten hat es unser Rotwild getroffen. Es darf sich nur in ausgewiesenen Rotwildzonen aufhalten. In Baden-Württemberg stehen ihm gerade einmal 4% der Landesfläche zur Verfügung, das ist ca. zweimal die Fläche von Hamburg. Große Säugetiere bewegen sich jedoch von Natur aus großräumig und brauchen Platz. Durch die künstliche Begrenzung und Verkleinerung der Wildtier-Lebensräume entziehen wir unserem Schalenwild die Existenzgrundlage. Die Bedürfnisse des Wildes werden komplett vernachlässigt.
Was wir brauchen ist ein fairer Umgang mit unseren Wildtieren!
Aus ökologischer Sicht sind Wildtiere Spediteure für die Artenvielfalt
Wildtiere nehmen im Ökosystem Wald einen wichtigen Platz ein und fördern die Arten- und Strukturvielfalt unserer Wälder. Fraßeinwirkungen sowie die Verbreitung von Pflanzensamen sind dabei ihre wichtigsten Aufgaben und haben einen positiven Einfuß auf die Naturverjüngung. Sie können für andere Arten Lebensräume schaffen und die Lebensraumqualität für große und kleine Waldbewohner erhöhen. In der aktuellen Debatte werden Fraßeinwirkungen allerdings lediglich aus ökonomischer Sicht beurteilt. Hiermit tun wir dem Schalenwild unrecht, denn unsere heimischen Großsäuger sind in erstaunlichem Maße an der Verbreitung von Pflanzenarten beteiligt. Die Liste der positiven Effekte, die sie auf das Wald-Ökosystem haben, ist lang. Sie sorgen beispielsweise für einen Samentransport über Hufe und Fell. Im Laufe der Evolution haben sich Samen mit Häkchen entwickelt, die am Fell von Tieren hängenbleiben und transportiert werden. Über das Fell des Rehwildes werden bis zu 36, beim Schwarzwild gar ca. 50 Arten verbreitet. Neben dem Fell werden manche Samenarten auch zwischen den Hufen transportiert, wenn sie Teil von Lehm- und Erdklumpen sind, die beim Laufen an den Hufen kleben bleiben. Samentransport kann auch über den Kot stattfinden. Beim Rehwild sind 17 Pflanzenarten nachgewiesen, die aus der Losung keimen, beim Schwarzwild 39, beim Rotwild weiß man von 59 Pflanzenarten, die keimfähig verbreitet werden. Auch Malbäume spielen eine Rolle bei der Förderung der Artenvielfalt. Sie fungieren als eine Art Samenbank. Rot-und Schwarzwild nutzen zur Körperpflege gerne Suhlen, schlammige Wasserstellen.
Die Schlammschicht bleibt nach dem ausgiebigen Bad am Körper fixiert und verhindert lästige Insektenstiche. An Malbäumen wird die eingetrocknete Schlammschicht danach abgerieben. Deshalb sind Malbaum-Standorte besonders reich an Samenarten und das hohe Samenpotential in der Malbaum-Umgebung erhöht wiederum die Wahrscheinlichkeit, dass die Samen an den Schalen des Wildes haften bleiben und weitertransportiert werden. Ein sinnvoller und wertvoller Kreislauf, der die Artenvielfalt und Naturverjüngung fördert. Suhlen dienen zudem nicht nur als Schöpf- und Badestelle für viele andere Arten, sondern auch als Lebensraum für Wasserinsekten. Unsere Wildtiere gestalten demnach Biotope für ganze Lebensgemeinschaften aus Insekten und anderen Kleintieren. Auch das Plätzen, also das Scharren mit den Vorderläufen, hat positive Auswirkungen auf das Wald-Ökosystem. Es führt zu einer Bodenverwundung, bei der die Humusauflage entfernt und der Rohboden freigelegt wird. Dies schafft ein Nährboden für verschiedene Baumarten wie Birke, Kiefer und Tanne. Das von den Grundbesitzern nicht gerne gesehene „Brechen“ der Wildschweine hinterlässt zum Teil großflächige Wühlstellen. Sie gelten einerseits zwar als ökonomischen Schaden, haben andererseits aber auch ökologische Vorteile. Sie führen zur Durchmischung und Belüftung von Böden, schaffen Keimbetten für Pflanzen und aktivieren im Boden schlummernde Samenbanken. Durch erhöhte Absetzung von Kot in der Umgebung von Wurfkesseln (Schwarzwild) und Ruhebereichen findet außerdem eine Anreicherung von Nährstoffen statt, die sich wiederum positiv auf den Pflanzenwuchs auswirkt. Auch die Haare unseres Schalenwildes leisten wertvolle Dienste für andere Arten. Winterhaare sind für verschiedene Vogelarten für den Nestbau begehrt. Sie werden nicht nur vom Boden aufgenommen, sondern auch direkt vom Fell geräubert (z.Bsp. durch Dohlen oder Kohlmeisen). Parasiten im Fell von Wildtieren dienen anderen Arten zudem als Nahrungsquelle (Bachstelze, Kohlmeise etc.). Dass Fraßeinwirkungen aus ökologischer Perspektive keinesfalls schädlich sind, zeigen Hirsche auf eindrückliche Art und Weise. Sie können wertvolle Landschaftspfleger sein, wenn man sie lässt. Sie halten durch ihr natürliches Äsungsverhalten Landschaften offen und schaffen Raum für andere Tier- und Pflanzenarten. So zu beobachten auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr in der Oberpfalz. Die Wälder mit der höchsten Biodiversität sind alte Wälder und lichte Waldtypen, deren Entstehung oft durch Waldweide begünstigt wurde.
Nicht jeder verbissene Baum ist ein ökonomischer Schaden
Im Lebensraum sichtbare Wildeinflüsse sind etwas völlig Natürliches. Wildeinfluss ist nicht gleich Wildschaden!
Wildschaden entsteht erst durch menschlich definierte Ziele und Nutzungsinteressen.
Schaden ist etwas, was die Natur nicht kennt, sondern einzig und allein vom Menschen definiert wird. Die Ermittlung von Wildschäden braucht eine differenziertere Betrachtungs- und Herangehensweise. Die Kontrollgröße der ökonomischen Schäden ist das sogenannte Verbissprozent. Das ist der prozentuale Anteil der Jungbäume mit abgebissenen Pflanzenteilen auf einer vorher ausgewiesenen Kontrollfläche. Dieser Wert ist allerdings irreführend und hat nur geringe Aussagekraft. Entscheidend ist viel mehr, wie viele Bäume eines angestrebten Zielbestandes pro Fläche unverbissen bleiben und ob dies ausreichend ist für die langfristige Erhaltung des Waldes. Es kann demnach sein, dass trotz hoher Verbissprozente genügend Bäume für eine erfolgreiche Naturverjüngung vorhanden sind. Der Vergleich mit eingezäunten Kontrollflächen kann zwar nützlich sein, aber die dabei ermittelten Werte dürfen nicht als SOLL-Zustand betrachtet werden. Der völlige Ausschluss des Wildes, so wie es bei diesem Ermittlungsverfahren üblich ist, ist unnatürlich und kommt in der Realität nicht vor. Wir sollten unseren Fokus vermehrt auf Methoden legen, die unsere Wildtiere fairerweise als festen Bestandteil des Wald-Ökosystems anerkennen und miteinbeziehen. Auch Einzelschutzmaßnahmen besonders gefährdeter Baumarten sind zumutbar und gehören zu diesem fairen Umgang dazu. Sensible Bestände müssen zudem durch eine intensivere Bejagung geschützt werden. Dafür braucht es die Zusammenarbeit und den guten Willen von Jagd und Forst.
Der ökologische Nutzen von „Wildschäden“ ist unbestritten. In ihrer Jugend verbissene Bäume haben meist ein Blatt-Wurzel-Verhältnis zu Gunsten der Wurzel. Dies verbessert die Standfestigkeit der einzelnen Bäume und hilft, Stürmen und Trockenheit zu trotzen – mit messbarem ökonomischen Output, denn Stabilität im Wirtschaftswald bedeutet Rentabilität. Schäle und Verbiss schaffen zudem Licht, das von vielen Pflanzen- und Tierarten dringend gebraucht wird. Durch die Äsung werden offene Bereiche frei gehalten und die Biodiversität gefördert. Vor allem das Rotwild schält Bäume (vorzugsweise im Winter). Dies beeinflusst deren Wuchsleistung, weil der Nährstofftransport unter der Rinde beeinträchtigt wird. Ökonomisch gravierend ist vor allem das Eindringen von Pilzen über die Schadstelle, was zu kernfaulen Bäumen führt. Schäle fördert aber auch die Struktur- und Artenvielfalt im Wald. Spechte nutzen gerne kernfaule Stämme für ihre Höhlen und es sind 50 (!) Arten als Nachnutzer solcher Höhlen nachgewiesen (z.Bsp. seltene Fledermausarten). All diese wertvollen ökologischen Prozesse und Begebenheiten dürfen bei der strategischen Planung des Waldumbaus nicht außer Acht gelassen werden.
Wild darf nicht zum Sündenbock gemacht werden
Die Ursachen für die Schäden im Wirtschaftswald dürfen nicht ausschließlich hohen Wilddichten angelastet werden. Waldbauliche Fehler wie der Fokus auf die Fichte, die als „Brotbaum der Forstwirtschaft“ jetzt unter Trockenheit und Borkenkäferbefall leidet, müssen klar benannt und eingestanden werden. Auch die Ergebnisse der Bundeswaldinventur von 2012, nach der auf jedem Hektar bestockter Holzbodenfläche in Deutschland durchschnittlich über 4.000 unverbissene (!) Bäume der Verjüngungsphase (20-130 cm) zu finden sind ist erwähnenswert. An Orten, wo die Waldverjüngung funktioniert, kann durchaus auf ein verpflichtendes Verbissmonitoring verzichtet werden. Sie sollten dafür dort, wo Wildbestände lokal zu hoch sind, zielgerichtet und effizient angewandt werden.
Wald mit Wild ist möglich
Der Begriff „Wald-Wild-Konflikt“ ist irreführend, denn Wald und Wild stehen nicht in einem Konflikt. Im Gegenteil, sie sind auf natürliche Weise untrennbar miteinander verbunden und verwoben. Der Konflikt entsteht durch die menschlichen Nutzungsziele, die mit den natürlichen ökologischen Prozessen konkurrieren. Demnach handelt es sich vielmehr um einen Konflikt Jagd versus Forst oder Ökologie versus Ökonomie.
Wald mit Wild ist möglich. Es braucht allerdings den guten Willen aller Beteiligten und einen vernünftigen Interessenausgleich.
Waldbau und Jagd müssen konsequent zusammen gedacht werden.
In einem Wirtschaftswald, der neben der Schutz- und Erholungsfunktion auch eine Nutzfunktion erfüllt, braucht es angepasste Schalenwildbestände. Hierfür ist die Jägerschaft zuständig und sie ist sich ihrer Verantwortung bewusst. Wald- und Wildschäden sollten sinnvollerweise nicht nur durch die Höhe des Wildbestandes gesteuert werden, sondern auch durch eine intelligente Jagdstrategie (Intervalljagd, Schwerpunktbejagung), das verfügbare Äsungsangebot sowie ausgewiesene Ruhezonen, die – auch von uns Jägerinnen und Jägern – konsequent eingehalten werden. An die Anlage von Jagdschneisen für die Schwerpunktbejagung sollte bereits bei der Aufforstung gedacht werden. Waldwiesen und Wegränder müssen Nahrung bieten. Hierfür eigenen sich schnell wachsende Prosshölzer wie Esche oder Weide und bewusst tolerierte Verbissflächen als Ablenkung und ein alternatives Äsungsangebot. An solchen Äsungs- und Verbissflächen muss absolute Jagdruhe herrschen.
Aus Sicht der Ökologie ist die Bedeutung des Waldes unstrittig: Er ist Lebensraum für eine Vielzahl von Wildtieren und bietet ihnen Nahrung und im besten Fall auch ausreichend Rückzugsräume.
Unsere gemeinsame Aufgabe ist es, die ökologische Funktion das Waldes mit einer nachhaltigen Nutzung zusammenzuführen.
Wir müssen uns dabei nicht zwischen Ökologie und Ökonomie entscheiden. Betriebswirtschaftlich sinnvolles Handeln und das Zulassen und Fördern wertvoller ökologischer Prozesse schließen sich nicht aus. So lange in einem Wald die natürliche Verjüngung vorhanden ist, bleibt die Forstwirtschaft nicht auf der Strecke.
Waldumbau kann nicht nur mit der Büchse gemacht werden
Zweifellos brauchen wir stabile Mischwälder. Ein gezielter Waldumbau von naturfremden zu naturnahen Wäldern ist nicht erst seit dem Klimawandel ökonomisch und ökologisch sinnvoll. Er ist bereits seit 30 Jahren im Gange und wird noch viele Generationen dauern. Es dauert mehrere hundert Jahre, bis wir wirklich alte Bäume im Bestand haben. Das ist kein Projekt, das in wenigen Monaten realisierbar ist. Wie der klimaresistente Wald in Zukunft aussehen wird, kann kein seriöser Forstwissenschaftler vorhersagen. Unsere Wildtiere dürfen in den langfristigen Konzepten aber keinesfalls vergessen werden! Was wir tun können, ist uns auf eine vernünftige Grundlage zu einigen, auf eine Kooperation auf Augenhöhe zwischen Jagd und Forst. Die Jagd muss ihren Teil zur Gewährleistung einer erfolgreichen Naturverjüngung beitragen. Der Forst wiederum muss beim Waldumbau zu klimatisch resistenten Mischwäldern Lebensräume für unsere Wildtiere berücksichtigen und einplanen. Waldumbau kann nicht nur mit der Büchse gemacht werden!
Der Klimawandel wird in der Diskussion leider stets als Argument gegen das Schalenwild missbraucht. Ich betrachte es als moralisch verwerflich, die waldbaulichen Fehlentscheidungen früherer Generationen dem Schalenwild von heute anzulasten. Vielmehr brauchen wir eine durchdachte wildökologische Raumplanung, die versucht, Nutzungsansprüche von Wildtier und Mensch in Einklang zu bringen. Die Bedürfnisse der Wildtiere nach Ruhezonen, Äsungsflächen, Wildwiesen, Grünstreifen oder einer stressfreien Umgebung durch die Lenkung von Naturnutzern müssen dabei miteinbezogen werden. Ein Anreiz hierfür könnte eine staatliche Förderung für Lebensraum-erhaltende und -erweiternde Maßnahmen sein wie die Anpflanzung von Prosshölzern, das Anlegen von Wildwiesen oder strukturreichen Randbereichen mit Sträuchern und Kräutern. Um die gemeinsamen Ziele zu erreichen, benötigen wir eine enge Zusammenarbeit und Absprache zwischen Jägerschaft und Forst.
Wir ignorieren wildbiologische, wissenschaftliche Erkenntnisse
Wir müssen unsere Waldbewirtschaftungskonzepte noch mehr nach wissenschaftlichen Erkenntnissen ausrichten. Studien belegen, dass erhöhter Jagddruck, wie er durch verlängerte Jagdzeiten verursacht wird, zu mehr Verbiss führt. Unsere jagdlichen Aktivitäten sollten sich vermehrt an wildbiologischen Kenntnissen orientieren. Der Aktivitätsrhythmus sowie die natürlichen Verhaltensmuster des Wildes geben die Jagdstrategie vor. Wir können die gemeinsamen Ziele nur dann erreichen, wenn wir eine unnötige Beunruhigung von Wildtieren konsequent vermeiden, denn Beunruhigung bedeutet Stress. Fühlt sich ein Wildtier unsicher, wird es vermehrt sichern. Dies bedeutet weniger Zeit für Äsung mit der Konsequenz eines geschwächten Organismus. Diese fatale Entwicklung kann die Gesundheit und das Überleben ganzer Populationen gefährden.
Wir Jägerinnen und Jäger stehen in der Verantwortung
Wir können einiges tun, um den Umbau zu einem klimaresistenten Mischwald zu unterstützen. Im Fokus steht vor allem unsere Jagdstrategie. Sie sollte so wenig Unruhe wie möglich verursachen und muss ggfs. angepasst werden. Intervalljagd und Schwerpunktbejagung sollten deshalb gefördert werden. Der Tierschutz muss dabei stets gewahrt werden. Im Vergleich zu den Nachbarländern hat Deutschland jetzt schon die längsten Jagdzeiten auf Reh- und Rotwild. Deshalb brauchen wir dringend mehr Ruhezonen für das Wild, die konsequent eingehalten werden. Jeder, der in das „Wohnzimmer“ des Wildes eindringt, ist ein Stress- und Störfaktor, das dürfen wir nicht vergessen. Stress im Winter bewirkt zudem erhöhten Verbiss. Das wiederkäuende Wild fährt seinen Organismus während der kalten Jahreszeit drastisch herunter und braucht Ruhe. Eine Beunruhigung durch die Jagd auf wiederkäuendes Schalenwild muss deshalb im Januar tabu sein.
Wie die Jägerschaft sich im Jagd-Forst-Konflikt positionieren kann
- Wir wollen einen Wald mit Wild!
- Fakt ist: es geht nur miteinander (Waldbesitzer / Forst / Jagd) und nicht gegeneinander
- Es braucht einen ganzheitlichen Ansatz. Wir lehnen es ab, den Abschuss von Wildtieren als alleinige Lösung für die anstehenden Herausforderungen zu betrachten.
- Wir wollen einen vielfältigen Lebensraum.
- Waldumbau sollte möglichst großräumig geplant werden unter Berücksichtigung der Wildlebensräume. Es braucht eine wildökologische Raumplanung mit einer Bewertung und Klassifizierung der Lebensräume.
- Keine Verlängerung der Jagdzeiten!
- Wir wollen einen fairen Umgang mit unseren Wildtieren. Dazu gehören:
- Eine objektive Bewertung von Wildschäden: keine Angabe von bloßen Verbissprozenten. Sind Verbiss und Schäle wirklich Schaden oder nur Teil einer sowieso eintretenden natürlichen Sterblichkeit der Waldverjüngung?
- Berücksichtigung der heutigen Lebensumstände der Schalenwildarten: Zurückdrängen in den Wald, fehlende Ruhezonen, erhöhter Jagddruck, qualitativ minderwertige Lebensräume, künstliche Grenzen für das Rotwild etc.
- Der Klimawandel soll nicht als Argument gegen das Schalenwild missbraucht werden.
- Keine behördliche Einschränkung der Lebensräume des Rotwildes.
- Wir müssen dem Wild geeignete Rückzugsbereiche zugestehen!
- Egal ob Schwarzspecht, Baummarder, Fledermaus oder Hirsch etc. – alle Wildtiere haben das gleiche Lebensrecht!
- Wir möchten, dass sich für die Forstwirtschaft die Schaffung von Artenvielfalt lohnt. Für die Umsetzung ökologischer Kriterien müssen Fördermittel zur Verfügung gestellt werden.
- Unser Handeln darf sich nicht nur auf den Wald beschränken, sondern muss auch das meist landwirtschaftlich genutzte Offenland umfassen (es wird von den Wildtieren genauso genutzt).
- Wir wollen uns dem Prinzip der Nachhaltigkeit verpflichten. Wald ist mehr als nur Produktionsort für Holz.
- Wir möchten den Respekt vor dem Eigentum wahren, insbesondere vor dem mit dem Grundeigentum verbundenen Jagdrecht und seiner praktischen Umsetzung im Revierjagdsystem. Dieses System funktioniert und hat sich über viele Jahrzehnte bewährt.
- Wir respektieren die biologischen Bedürfnisse des Wildes. Sie haben ein Recht auf eine intakte Alters- und Sozialstruktur, auf Ruhe, artgerechte Äsung etc.
- Kontext Wolf: Es kann nicht sein, dass wir den Wolf mit Millionen Euro von Steuergeldern finanzieren, aber unsere Hirsche und Rehe auslöschen. Schlussendlich ist es nichts anderes als eine politische Entscheidung, ob wir ein Tier bei uns dulden oder nicht. Haben Sie sich schon Mal gefragt, was der Wolf fressen soll, wenn unsere großen Paarhufer drastisch dezimiert werden? Wo die großen Paarhufer wie Rothirsch und Reh fehlen, vergreifen sich Wölfe besonders oft an Nutztieren. In Deutschland gibt es aktuell ca. 130 Wolfsrudel, die Nahrung brauchen – Tendenz weiterhin deutlich steigend (Reproduktionsrate: 30-35%, d.h. alle 3 Jahre eine Verdoppelung des Bestandes).
Liebe Jägerinnen und Jäger, liebe Forstleute und Grundbesitzer, das Wild kennt keinen Profit, sondern nur sein eigenes Überleben. In der von uns erschaffenen und regulierten Kulturlandschaft haben sich die Rahmen- und Lebensbedingungen drastisch zu Gunsten von uns Menschen verschoben. Bleiben wir Hirsch und Reh gegenüber fair und sichern und unterstützen ihr Lebensrecht.
Beitragsfoto: Eric Felber auf pixabay
Sweet blog! I found it while browsing on Yahoo News. Maggie Franciskus Bobina
Thank you Maggie. Will do my best to publish more articles in English. Hope you will come back to my blog in the future!
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Thank you very much Filippa! What do you think, should I translate this article in English to make it
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Alle Rehe zusammen können in einem Wald soviel Schaden machen,wie ein Forstmeister!
Liebe Christine,
Chapeau, ein sehr fundierter Artikel und eine beeindruckende Recherche WALD-WILD-JAGD betreffend!
Anbei ein aktuelles Streckenergebnis der am vergangenen Samstag 31. Oktober abgehaltenen staatlichen
Drückjagd auf Schalenwild im Kaltenbronn. Auf dieser ersten Jagd wird ca. die Hälfte des gesamten Rotwildkerngebietes (2.500 ha) mit i.d.R. 90-100 Schützen bejagt. Strecke: 0 = (Null)
Allein die Jagdvorbereitung aller hier hinzugezogenen staatlich (beamteten) Forstamtmitarbeiter liegt
weit im fünfstelligen Eurobereich! Mehr muss hierzu eigentlich nicht mehr gesagt werden! 🙁
Ich bin sehr stolz aud dich und deinen Mann eure jagdlich, engagierte und umsichtige Umsetzung eurer Rotwildreviere betreffend! 🙂 Bewahrt euch diese Reviere nach ihre wildökologische Nachaltigkeit weiter zu pflegen und auch zu genießen!
Waidmannsheil und Horrido.
Peter Scheuermann
Lieber Peter, das von Dir genannte Beispiel ist absolut erschreckend und abstoßend. Es wird wohl leider in vielen Revieren Schule machen. Wir versuchen weiterhin mit aller Kraft, die Jagd effizient, aber mit Respekt vor dem Wild und seinem Existenzrecht auszuführen. Wir wehren uns entschieden dagegen, zu Schädlingsbekämpfern degradiert zu werden! Ich hoffe, dass innerhalb der Jägerschaft eine Bastion Bestand haben wird, die sich auch weiterhin für die waidgerechte Jagd einsetzt und diesem Feldzug gegen unser Schalenwild entgegentritt.
Ein sehr guter, fachlich fundierter Artikel, der wahrscheinlich leider erst in einigen Dekaden rückblickend verstanden wird: Ausgleich zwischen Wirtschaft und Natur, Wald und Wild zum beiderseitigem Vorteil! Aber dann vielleicht zu spät.
Hallo Herr Waysocher, ich hoffe in diesem Fall nicht, dass Sie recht behalten werden. Es braucht aber ein wirkliches Umdenken bei den Beteiligten und das muss JETZT stattfinden!
Sehr guter Artikel, den man zur Argumentation nutzen sollte. Ich hoffe wir haben für unser Wild damit Erfolg.
Danke für Ihr positives Feedback, Herr Plappert. Ich hoffe, dass möglichst viele Jägerinnen und Jäger erkennen, wie wichtig dieses Thema ist und dass wir alle gefragt sind, uns zu engagieren!
Ob das auch die Bayerische Fortsverwaltung zur Kenntnis nimmt und beachtet?
Die sollten sich besonders angesprochen fühlen!
Hallo Christine, Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen. Als Forstmann und Journalist beschäftige ich mich seit vielen Jahren mit dem Wald und seinen „Schadbildern“. Ich bin zu dem Ergebniss gekommen, dass der Mensch der Hauptschädling in unseren Wäldern ist. Waldbauliche Fehler, fehlender Schutz junger Kulturen, Verwüstungen an Bestand und Waldboden durch rücksichtslosen Maschineneinsatz. In 50 Berufsjahren im und für den Wald habe ich hunderte Waldverwüstungen gesehen. Es ist sehr schade dass die heutige Forstgeneration sich in der Mehrheit zu „Technograten“ entwickelt hat. Wald mit Wild, hoffentlich kommt die Einsicht nicht zu spät, zu einem naturnahen und gesunden Wald gehört ebenso ein gesunder und angepasster Wildbestand!
Hallo Dieter, ich freue mich besonders über Ihren Kommentar, weil er beweist, dass man auch als Forstmann eine objektive und ganzheitliche Sichtweise haben kann! Ich wünschte, man könnte Ihre Einstellung auch in den Staatsforsten antreffen. Danke für Ihren Input!
Danke für diesen aufschlussreichen Arikel, der zeigt, dass wir bereits im Jahr 2013 auf dem richtigen Weg waren,
als wir:
Monika Baudrexl, BJV-Kreisgruppe Garmisch-Partenkirchen,
Edwin Burtscher, Vorsitzender Wildwacht Allgäu,
Prof. Ernst Fink, Pressesprecher Jagdagenda 21,
Wilhelm Fleischhacker, Hegeringleiter Werdenfels Süd,
Tessy Lödermann, Vizepräsidentin Deutscher Tierschutzbund,
Stefan Schopf, Vorsitzender Jagdagenda 21,
Dr. Holger von Stetten, Monika und Michael Heinzel von der Jagdagenda 21,
Sowie der FDP-Landtagsabgeordnete Thomas Dechant und
Ludwig Fegg, als Initiator der Unterschriftenaktion http://www.wald-wild-mensch.de
über 20.000 Unterschriften an den damaligen Forstminister Helmut Brunner übergaben.
Was hat er mit diesen Meinungsbekundungen bayerischer Bürger gemacht?
Hat er sie an seine Nachfolgerin, Staatsministerin Michaela Kaniber, weitergegeben?
Besonders verweisen möchte ich in diesem Zusammenhang auf das Aktionsbündnis zum Schutz der Wildtiere und ihrer Lebensräume.
Link: http://www.wildes-bayern.de
Wald, Wild und Mensch in einem vernünftigen Miteinander, so soll es sein!
Mit einem ehrlichen Waidmannsheil und Vergelt’s Gott!
Ludwig Fegg
Danke, Herr Fegg, für Ihren ausführlichen Kommentar und Ihr Engagement in dieser Sache. Ich schätze die Arbeit von wildes-bayern.de außerordentlich und fühle mich dem Verein sehr verbunden. „Wald, Wild und Mensch in einem vernünftigen Miteinander“ – Sie bringen es auf den Punkt. Wenn es alle Interessengruppen schaffen würden, sich daran zu orientieren, wäre bereits viel geholfen!
Liebe Christine Fischer, Sie sprechen mir aus der Seele! Und so wollen wir nicht locker lassen und weiter für einen vernünftigen Umgang mit Wald und Wild durch uns Menschen arbeiten.
Waidmannsheil und den Wind im Gesicht!
Ludwig Fegg
Ganz so ist es !!! Das muss nur in den Köpfen unserer Förster , die anderes gelernt haben, etabliert werden ! Der richtige Blickwinkel ist entscheidend und allein Zielführend !!
Lasst uns unsere missionarische Aufgabe anpacken!!!
Hallo Herr Blaimberger, dies wird eine der größten Herausforderungen werden! Leider wird vor allem der Staatsforst schon in der Ausbildung auf einen sehr einseitigen Fokus geprägt. Diesen später zu verändern ist sehr schwierig. Das Existenzrecht der Wildtiere wird beim Waldumbau einfach ignoriert. Umso mehr sind wir Jägerinnen und Jäger gefragt, uns zu engagieren und unsere Stimme für einen Wald mit Wild zu erheben!
Ebenso wie in der landwirtschaft ist im waldbau ein umdenken dringenst erforderlich in zeiten der klimaproblematik ist dem plantagenwaldbau ein deutliches stopzeichen gesetzt holzgewinnung ist volkswirtschaftlich natürlich wichtig aber kann nicht das einzige kriterium sein der wald ist einer der ursprünglichen naturräume und braucht die menschliche gestaltung nicht die natur kanns viel besser der wald ist im normal ein vielfälltiger lebensraum für viele arten dazu gehören auch die großen pflanzenfresser man denke an die vielen wohlfahrtswirkungen des waldes luftreinhaltung wasserspeicher schadstoffbindung erholungs und lebensraum
So sehe ich das auch. Der Wald hat nicht nur eine Nutzfunktion, sondern auch eine Schutz- und Erholungsfunktion. Wildtiere sind fester Bestandteil der Waldökosysteme und untrennbar mit ihnen verbunden. Außerdem sind sie herrenlos und dürfen vom Forst nicht als alleinige Verfügungsmasse betrachtet werden!
Liebe Christine,aller höchsten Respekt für die Publikation.Bedauerlich nur, findet der Inhalt bei den politischen Entscheidungsträgern wenig oder schlimmer noch kein Gehör mehr.Das beste Beispiel hierfür ist der Koalitionsvertrag in Hesse.Darin wurde zwischen der CDU und den Grünen, die das Umweltministerium bekleiden,vereinbart,dass das Hess.Jagdgesetz unverändert übernommen wird.Allerdings sah die Ministerin Hinze, beraten vom Ökologischen Jagdverband,
sich nicht mehr verpflichtet,den Koalitionsvertrag zu erfüllen.Unzählige Änderungen wurden von
ihr,ohne Widerspruch des Koalitionspartners umgesetzt.Meine persönliche Anfrage bei dem Ministerpräsidenten Bouffier, über unsere Landatagsabgeordnete des Kreises, wie er zu dem
Bruch des Koalitionsvertrages stehe,wartet noch heute auf eine Antwort.Neue Richtlinien u.A.
auch für die Bejagung des Rotwildes,erfahren widerstandslose Akzeptanz auch im Ministerium.Einwände jagdl.Standesorganisationen werden entweder gar nicht zur Kenntnis genommen oder arrogant abgewiesen.Das Kulturgut Jagd ‚Wald mit Wild‘ wie Du es und Deine Familie vorbildlich lebt.,wird zunehmend auf dem Altar ideologischem grünen Gedankengut
geopfert.Liebgewordene Werte werden verkümmern und finden dann nur noch Platz in der Erinnerung.
Lieber Norbert, ich danke Dir für Deinen interessanten Kommentar. Es ist beschämend was auf politischer Ebene passiert und für mich auch unverständlich, dass so wenig Jägerinnen und Jäger dagegen aufbegehren. Es ist so wie Du es sagst: „Das Kulturgut Jagd und Wald mit Wild‘ werden zunehmend auf dem Altar ideologischem grünen Gedankengut geopfert.“ Es wird schwer, hier gegenzusteuern. Der Klimawandel funktioniert als Totschlagargument im wahrsten Sinne des Wortes leider nur allzu gut!