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Biodiversität: Hirsche als Landschaftspfleger

Lesezeit: 2 Minuten

Projektname: Wo Rothirsche die Landschaft pflegen; Offenlandmanagement auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr (2019)

Projektpartner: Bundesforstbetrieb Grafenwöhr, 7th Army Training Command, U.S Army Garrision Bavaria, Landwirtschaftliche Rentenbank, Institut für Wildbiologie Göttingen und Dresden e.V., Georg-August-Universität Göttingen, Technische Universität Dresden

Fakten und Erkenntnisse

  • Die Kombination von wissenschaftlich fundierten Belegen und dem Anwendungsbeispiel Grafenwöhr zeigt, dass wildlebende Rothirsche einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt bedrohter Offenlandlebensräumen leisten können.
  • Rothirschbeweidung hat maßgeblichen Einfluss auf die Vegetationsentwicklung und Biodiversität der Lebensräume.
  • Rothirschbeweidung ist steuerbar.
  • Rothirsche leisten einen deutlichen Beitrag zum Erhalt geschützter Lebensräume.
  • Rothirsche leisten einen deutlichen Beitrag zum Erhalt und der Verbreitung seltener Arten.
  • Die Rothirsche entnehmen dem System einen hohen Anteil der produzierten Biomasse (im Jahresmittel 68% in Heideflächen und 38% in Wiesenfächen).
  • Flächen, die im Juli gemäht werden, haben eine bessere Futterqualität und werden später im Jahr stärker beweidet.
  • Die Vegetationsnutzung der Rothirsche und das Flächenmanagement sind eng miteinander verknüpft.

Ausgangslage

Der Truppenübungsplatz Grafenwöhr liegt im Nordosten von Bayern. Es handelt sich um ein 23.000ha großes Gebiet, das seit mehr als 100 Jahren von den U.S. Streitkräften als Übungsgelände genutzt wird. 85% der Fläche sind als FFH-Gebiet ausgewiesen, mehr als ein Drittel besteht aus Offenland. Biodiversität und militärische Nutzung bedingen sich hier gegenseitig. Es herrscht bundesweit eine Sondersituation für das Rotwild-Vorkommen. Es kann seinen Lebensraum praktisch frei von menschlicher Einflussnahme nutzen und ist deshalb tagaktiv. Fraßeinwirkungen haben hier eine wichtige ökologische, aber keine wirtschaftliche Relevanz. Somit erlaubt die wirtschaftliche und ökologische Tragfähigkeit der Fläche eine überdurchschnittliche Dichte. 7000-8000 Stück Rotwild leben auf dem Truppenübungsplatz. Diese verlangen eine gezielte quantitative und räumliche Lenkung. Das Wildtiermanagement des Bundesforstbetriebs ist darauf ausgerichtet, den Rothirschbestand in den offenlandgeprägten Kernbereichen des Truppenübungsplatzes zu konzentrieren. Die Jagd wird auf wenige Tage im Jahr beschränkt. Durch die Beweidung der Offenlandschaft mit wildlebenden Rothirschen entstand eines der herausragenden Naturrefugien Mitteleuropas. 3000 Arten sind hier beheimatet, nahezu 800 davon stehen auf der roten Liste.

Projektübersicht

Ziel des Projektes war es, eine Datengrundlage zur Vegetationsentwicklung, Raum-Zeit-Verhalten der Rothirsche sowie den diesbezüglichen Wechselwirkungen in zwei offenlandgeprägten Teillebensräumen zu generieren. Die Untersuchungen erlaubten eine umfassende Analyse des Beweidungssystems sowie ergänzender Steuerungslemente. So konnten praktische Hinweise zur Einbindung von Rothirschen als heimische Pflanzenfresser in die Landschaftspflege großer Schutzgebiete entwickelt werden.

Für die Untersuchungen wurden ab 2014 für fünf Jahre 44 Rothirsche mit GPS-Sendern versehen. Diese lieferten stündliche Ortungen der Tiere. In zwei FFH-Lebensraumtypen („magere Flachlandmähwiesen“ und „trockene europäische Heiden“) wurden zudem über drei Jahre experimentelle Untersuchungen zu Vegetationsentwicklung und Biomassendynamik durchgeführt. Um den Vegetationszuwachs zu ermitteln, wurden Kontrollflächen ausgezäunt. Um Möglichkeiten der räumlichen Steuerung der Rothirschbeweidung zu untersuchen, wurde auch der Einfluss von Pflegemaßnahmen (Feuer, Mahd) in die Untersuchungen muteinbezogen.

Projektübersicht. Quelle: researchgate.net



Das Projekt wurde 2019 als offizielles Projekt mit dem „UN-Dekade Biologische Vielfalt“-Preis ausgezeichnet.

Ansprechpartner:
M.Sc. Friederike Riesch
Abt. Graslandwissenschaft
Georg-August-Universität-Göttingen
Von-Siebold Str. 8, D – 37075 Göttingen
Tel.: +49 (0)551 3922 352
Email: friesch@gwdg.de

Ulrich Maushake, Leiter des Bundesforstbetriebs Grafenwöhr
Kellerweg 3, D – 92249 Vilseck
Tel.: +49 (0)9662 4101-0 
Fax: +49 (0)9662 4101-23 

Veröffentlichungen in englischsprachigen Fachzeitschriften:
Riesch F., Tonn B., Meißner M., Balkenhol N., Isselstein J. (2019). Grazing by wild red deer: Management options for the conservation of semi-natural open habitats. Journal of Applied Ecology 56, 1311–1321. https://doi.org/10.1111/1365-2664.13396.

Raab C., Stroh H.-G., Tonn B., Meißner M., Rohwer N., Balkenhol N., Isselstein J. (2018). Mapping semi-natural grassland communities using multi-temporal RapidEye remote sensing data. International Journal of Remote Sensing 39,5638–5659. https://doi.org/10.1080/01431161.2018.1504344

Riesch F., Stroh H.G., Tonn B., Isselstein J. (2018). Soil pH and phosphorus drive species composition and richness in semi-natural heathlands and grasslands unaffected by twentieth-century agricultural intensification. Plant Ecology & Diversity 11, 239–253. https://doi.org/10.1080/17550874.2018.1471627.

Quellen:
UN-Dekade biologische Vielfalt
Institut für Wildbiologie Göttingen und Dresden e.V.
Natürlich Jagd

Link zum Projekt

Beitragsfoto: pixabay

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